Oper und Gesellschaft

Projekt:
Im Jahr 2011 flossen trotz leerer Staats- und Haushaltskassen und häufig nur unbefriedigenden Zuschauerzahlen mehr als neun Milliarden Euro an deutsche Kultureinrichtungen wie Schauspiel- und Opernhäusern. Dieses Missverhältnis zwischen Staatsausgaben für Kulturförderung und der schwindenden Begeisterung großer Teile der Bevölkerung für die kulturelle Vielfalt in Deutschland führt dazu, dass immer mehr politische Gruppen die Forderung nach einer Reorganisation der Kulturlandschaft erheben, auch wenn dies eine Schließung vieler traditionsreicher Etablissements nach sich ziehen sollte. Auf Grund dieser Problematik stellt sich letztendlich die Frage, welche Verantwortung die Gesellschaft für den Erhalt der Kunstform Oper und wiederum die Oper für die Gesellschaft trägt.

Diese Frage kann im Bezug auf die Oper Frankfurt auf drei Ebenen beantwortet werden: auf Ebene der Opernbesucher und -produzenten, auf Ebene der Sponsoren und auf der inhaltlichen Ebene von Opernwerken per se. Damit gilt es differenzierter zu fragen, wie sich das derzeitige Opernpublikum an der Oper Frankfurt sowohl soziodemographisch als auch interessensgeleitet konstituiert, ob und welches Publikum die Produzenten bei der Planung und Ausgestaltung ihrer Aufführungen vor Augen haben, welchen Nutzen sich Sponsoren von einem Engagement an der Oper Frankfurt erhoffen und inwiefern sich in Opernwerken selbst die eingangs erwähnten Fragen wiederspiegeln, bzw. wiederfinden lassen. Mit einem Blick auf jede dieser Ebenen kann ein sachlich fundierter Eindruck zur gesellschaftlichen Bedeutung und Verhältnisses der Oper Frankfurt gewonnen werden.

So sollen einerseits Erkenntnisse darüber entstehen, welche Erwartungshaltung die Gesellschaft an die Kunstform Oper artikuliert, und andererseits welche Erwartungen die Oper selbst an die Gesellschaft stellt. Ist die Oper gar eine moralische Instanz welche einen Bildungsauftrag verfolgt? Oder wird die Oper tatsächlich überwiegend als ein Überbleibsel des „alten" kulturellen Lebens wahrgenommen, welche als „staatlich geförderte Kultureinrichtung" nach Auffassung der Berliner Piratenpartei „verschwinden könnte"? Wie setzt sich das Frankfurter Opernpublikum zusammen? Welches Durchschnittsalter hat das Opernpublikum? Variiert das Publikum auf Grund unterschiedlicher Aufführungen? Welches Interesse hat der „Normalbürger" an der Oper? Wie wirken Opernaufführungen auf verschiedene Publika? Welche Botschaften werden von Opernbesuchen mitgenommen? Gibt es einen ungeschriebenen code of conduct innerhalb der Opernbesucher?

All dies sind Aspekte, die mit Hilfe von qualitativen Gesprächen mit Akteuren und Gruppen aus dem Umfeld der Oper und einer quantitativen Umfrage unter den Opernbesuchern geklärt werden sollen. Darüber hinaus soll die gesellschaftliche Erwartungshaltung der generösen Geldgeber der Oper Frankfurt durch Interviews beleuchtet und hinterfragt und letzten Endes durch eine Textanalyse verschiedener Opernwerke auf semantischer Seite ergänzt werden.

Ziel dieses Projektes ist es somit auch, den Sinn und Unsinn der Kulturförderung im Bezug auf die soziale Dimension der Oper zu erörtern und dadurch zur wieder aufbrechenden Debatte um die Daseinsberechtigung des ausgedehnten Kulturbetriebs einen konstruktiven Beitrag zu leisten.