Das Ziel im Auge behalten

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Ziele setzen, Entscheidungen treffen und durchaus auch bewusst die einmal eingeschlagene Richtung wechseln. Wie man mit Mut und Engagement eigene berufliche Wege gehen kann, erläuterte Thomas Jühe den StipendiatInnen der Goethe-Universität in einem spannenden und dabei auch unterhaltsamen Vortrag.

Der akademische Werdegang war Jühe nicht in die Wiege gelegt. Der Sohn einer kaufmännischen Angestellten und eines Berufssoldaten ist schon mit 21 Jahren Waise. Das hält ihn jedoch nicht vom erfolgreichen Studium (Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Politik, Deutsch und Geschichte) ab.  „Unter diesen Bedingungen wird man eben in der Regelstudienzeit fertig“ sagt Jühe über seine frühe Selbstständigkeit. Geprägt von der Friedensbewegung und Öko-Offensive der frühen 80er Jahre entwickelt er großes Interesse für die Politik. Der Schritt zu eigenem politischen Engagement ist klein.

Thomas Jühe hat keine Angst vor Entscheidungen. Er ist gerne Lehrer – und gibt den Beruf zugunsten der Selbstständigkeit und hauptamtlichen Politik auf. „Der Abschied fiel schwer, aber es war richtig“ erläutert Jühe seine Entscheidung und beweist kurz darauf erneut Mut als die Raunheimer SPD ihm anbietet, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. Ortsfremd, jung, unbekannt und ein typischer Parteibuch-Kandidat. „Die Begeisterung der Raunheimer war gleich Null!“

Doch Thomas Jühe kämpft. Da ihn niemand kennt, muss er umso mehr auffallen, um ins Bewusstsein der Raunheimer zu kommen. Er besucht 40% der Haushalte und jede städtische Veranstaltung, verteilt Flyer zu allen wichtigen Themen, sucht gezielt Jungwähler. Sein Wahlkampf mit Arbeitseinsätzen im Stadtgebiet und handgemachten, täglich wechselnden Plakaten ist unorthodox und nicht zu übersehen. Im ersten Wahlgang erreicht er Platz zwei mit 40,6% der Stimmen, die Stichwahl gewinnt er mit 13 Stimmen Vorsprung. Doch das ist erst der Anfang.

Die Fluglärmdebatte ist ein neues Feld für ihn und ein prägendes Thema der Stadtpolitik. Jühe arbeitet sich ein, seit 2003 ist er Vorsitzender der Kommission zur Abwehr des Fluglärms am Frankfurter Flughafen sowie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen (ADF). Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, der er sich stellen muss: fehlende Konzepte zu Stadtentwicklung, Bildungsförderung oder Finanzsicherung, renovierungsbedürftige öffentliche Gebäude oder ein hoher Anteil an Transferleistungsbeziehern in der Bevölkerung, es gibt viel zu tun. Jühe zeigt den StipendiatInnen einen Auszug aus seinem Outlook-Kalender: Von Montag bis Samstag keine einzige Lücke. „In diesem Amt hat man keine Zeit für Privatsphäre“ erklärt Jühe. Entscheidungen haben eben auch Konsequenzen. Doch wie motiviert man sich bei diesem Arbeitspensum? Für Thomas Jühe ist eindeutig: Raunheim hat auch viele schöne Seiten. Diese zu sehen, sich für die Menschen einsetzen zu können und eine positive Stadtentwicklung im Blick zu haben, ist tägliche Inspiration.

Sein Vortrag endet mit einer Einladung für ein Tagespraktikum an die StipendiatInnen. 

 

Zur Person:
Thomas Jühe, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit dem Jahr 2000 Bürgermeister der Stadt Raunheim. Seine Tätigkeit als Vorsitzender der Frankfurter Fluglärmkommission übt er seit 2003 aus. Sein Ziel ist die Lärmminderung. Er bemängelt die fehlende gesetzliche Grundlage für aktiven Schallschutz. Großes Thema ist für Jühe deshalb die verbesserte Lebensqualität.